Der Mehrwert moderner Lichtmanagementsysteme
InteractCity und DigiStreet-Leuchten in Davos
Fachartikel ET Licht, Frank Koster (ELEKTRON AG)
Bei der Sanierung der Strassenbeleuchtung sind heute Energieeffizienz und Reduktion der Lichtverschmutzung zentrale Anforderungen von Städten und Gemeinden. Um die Beleuchtungsinfrastruktur möglichst energiesparend und bedarfsgerecht zu gestalten, werden neben langlebigen, verbrauchsarmen LED-Leuchten passende Steuersysteme eingesetzt. Diese Kombination ermöglicht Licht genau dort einzusetzen, wo es gebraucht wird. Doch moderne Lichtmanagementsysteme bieten mehr, wie auch die Energiestadt Davos erkannte. Im Zuge der Umrüstung ihrer Strassenbeleuchtung setzen sie auf vernetzte Leuchten kombiniert mit einem modernen Steuerungs-, Verwaltungs- und Instandhaltungssystem.
Im Kurpark, auf dem Kongressplatz und entlang der Promenade von der Seegalerie bis zum Postplatz wurde von Ende Mai bis September 2018 rund 18% der Davoser Strassenbeleuchtung durch vernetzte LED-Leuchten ersetzt. Nach ersten Pilotprojekten mit Bewegungssensoren und autarken Steuersystemen entschieden die Gemeinde Davos und das Elektrizitätswerk Davos (EWD), die neuen Leuchten zusätzlich mit dem umfassenden Lichtmanagementsystem InteractCity (ehem. CityTouch) zu ergänzen.
Mobile Lichtmessung als Planungsgrundlage
Vor der Sanierung wurde eine Bestandsaufnahme mit dem neuen Lichtmessungssystem LimeCam durchgeführt. LimeCam ermöglicht eine mobile Datenaufnahme im laufenden Verkehr, da das System, bestehend aus Lichtsensoren, GPS-Empfänger und Kamera, direkt auf einem gewöhnlichen PW montiert wird. Im Vergleich zu konventionellen, aufwändigen Messmethoden ermöglicht die mobile Lichtmessung mit LimeCam eine grossflächige, effiziente Datenerhebung von bis zu 200 Lichtpunkten pro Stunde. Die wichtigsten, lichttechnischen Merkmale wie Beleuchtungsstärkeverteilung, GPS-Koordinaten und Lichtpunkthöhe sämtlicher Leuchten werden in einer Durchfahrt erfasst.
Im Anschluss an die Messung werden die gesammelten Daten in die kartenbasierte Software übertragen und analysiert. Die Falschfarbendarstellung ermöglicht eine präzise Auswertung des lichttechnischen Zustands der Strassen und zeigt das Optimierungspotenzial sowie Konfliktzonen auf. Die Auswertung bietet somit die ideale Basis für die Lichtplanung vor der Sanierung von Beleuchtungsinfrastrukturen.
Abbildung 1: LimeCam-System mit Lichtsensoren, GPS-Empfänger und Kamera
Bedarfs- und normgerechte Beleuchtung
Anhand der präzisen Bestandesaufnahme führte die ELEKTRON AG die normgerechte Lichtberechnung durch.
Speziell bei den eruierten Konfliktzonen ist die Einhaltung der Normen von grosser Wichtigkeit, wie Ernst Bosshard (Vertriebsleiter Licht ELEKTRON) erklärt: "Bei Fussgängerstreifen oder Kreuzungen ist die passende Optik zur Gewährleistung der Sicherheit und Erfüllung der Normen essentiell." Der Davoser Gemeindeingenieur André Fehr präzisiert: «Um der aktuellen Norm zu entsprechen, müssen Passanten im Bereich von Fussgängerstreifen von der Seite her angeleuchtet werden, damit sie für andere Verkehrsteilnehmer deutlich sichtbar sind.» Deshalb werden für die unterschiedlichen Einsatzgebiete und Konfliktzonen spezifische Beleuchtungsprofile erstellt.
Aufgrund der vielfältigen Lichtbedürfnisse in Davos fiel der Entscheid auf die Leuchtenfamilie DigiStreet. Die Leuchtenfamilie überzeugt mit grosser Flexibilität hinsichtlich Leuchtdichte, Optiken und unterschiedlichen Baugrössen. Für die Davoser Strassen- und Parkbeleuchtung wurden zwei Baugrössen mit unterschiedlichen Optiken konfiguriert.
In Davos hat sich gezeigt, dass bedarfsgerechte und emissionsarme Beleuchtung bereits bei der Planung beginnt. Dadurch wird nicht nur die Sicherheit auf den Strassen erhöht, sondern auch die Lichtverschmutzung reduziert und gleichzeitig die Energiekosten gesenkt. Nachhaltige Zielsetzungen, die moderne Energiestädte wie Davos in der öffentlichen Beleuchtung erreichen wollen:
«Die neuen Leuchten strahlen sehr genau, dahin wo das Licht gebraucht wird. Es gibt kaum noch Streuverluste», erläutert Gemeindeingenieur André Fehr.
Zukunftssichere Systemarchitektur
Neben der bedarfsgerechten Konfiguration der Hardware bieten DigiStreet-Leuchten, dank der neuen System Ready-Architektur, technologische Flexibilität und dadurch mehr Investitionssicherheit. Die Leuchten sind oben und unten mit einer universellen Steckverbindung nach Zhaga-Standard versehen. System Ready-Controller und -sensoren sind für diese Schnittstellen konzipiert und können ohne Öffnen der Leuchte montiert werden; das ermöglicht einfaches Plug-and-Play. Durch die Kompatibilität mit Produkten verschiedener Hersteller erhöht sich die Flexibilität in der Auswahl der passenden Technologie. Je nach Bedarf und lokalen Gegebenheiten können die Leuchten zukünftig mit Bewegungs- oder Umweltsensoren erweitert werden.
So kann die öffentliche Beleuchtung sukzessive zur Smart City-Infrastruktur ausgebaut werden. Markus Widmer (Chefmonteur EWD) sieht hierin Potenzial für die Zukunft: "Ich bin der Meinung, es wird unsere Zukunft sein, infrastrukturelle Einrichtungen zu verknüpfen und "smart" zu steuern."
Abbildung 2: DigiStreet-Leuchte mit flexibler System Ready-Architektur
Flexible Steuerung der Beleuchtung
Im Zuge der Sanierung wurden DigiStreet-Leuchten mit der webbasierten Steuerungssoftware InteractCity vernetzt. Das bewährte Lichtmanagementsystem ist bereits in über 40 Schweizer Gemeinden und international in über 1000 Projekten im Einsatz. InteractCity ermöglicht die Erfassung und Visualisierung der gesamten Beleuchtungsinfrastruktur sowie die individuelle Steuerung der einzelnen Lichtpunkte. Die Leuchten können, dank kartenbasierter Darstellung des Beleuchtungsgebiets, übersichtlich abgebildet werden. Durch die Gruppierung der einzelnen Leuchten in Regionen, Strassen oder individuellen Kategorien behält der Betreiber auch bei sehr vielen Lichtpunkten den Überblick. Diese Funktion überzeugt auch Davos, wie Markus Widmer vom EWD erklärt: "Die Dimmkalender und Gruppierungen machen die Software sehr interessant und werden bei uns bestimmt vermehrt zur Anwendung kommen".
Abbildung 3: Intuitive CityTouch Benutzeroberfläche
Abbildung 4: Übersichtliche Visualisierung individueller Strassen und Kategorien in Davos
Die intuitive Benutzeroberfläche von InteractCity ermöglicht dem EWD vom Arbeitsplatz aus einzelne Leuchten oder ganze Strassenzüge mit wenigen Mausklicks anzusteuern und das Lichtniveau zu verändern.
In Davos wurde zunächst ein Standardkalender entsprechend der heutigen Rundsteuerung eingerichtet. "In einem nächsten Schritt gruppierten wir die einzelnen Leuchten und erstellten ein Profil für die Fusswege", erläutert Markus Widmer. Die einzelnen Dimmprofile können bei Bedarf über die Kalenderfunktion für das ganze Jahr vor erfasst werden. Somit kann Davos die Beleuchtung flexibel an ihre vielfältigen Anlässe anpassen, wie Markus Widmer erzählt: "Die Dimmprofile werden bei uns am 1. August ein weiteres Mal zum 'Praxiseinsatz' kommen. Ziel ist es die Beleuchtung soweit zu dimmen, dass das grosse Feuerwerk noch besser zur Geltung kommt. Ein Vorteil dabei ist, dass dies im Vorfeld programmiert werden kann und ohne zusätzlichen Personaleinsatz automatisch ausgeführt wird. Es wird sicher weitere Events geben, bei welchen wir spezielle Profile anwenden."
Abbildung 5: Flexible Dimmprofile für Fusswege
Flexible Dimmprofile bieten auch die Möglichkeit, während Grossanlässen die Sicherheit auf den Strassen zu erhöhen. So plant das EWD auch temporäre Profile, die während dem jährlichen World Economic Form (WEF) angewendet werden: "Aus Sicherheitsgründen werden gewisse Abschnitte der öffentlichen Beleuchtung nicht mit dem Standardprofil betrieben. Für uns als Betreiber und für die Gemeinde ist es eine einfache, praktikable Lösung, um bei diesen Events zusätzliche Sicherheit zu gewährleisten.", resümiert Widmer.
Die einfache Steuerung der Lichtpunkte bringt einen weiteren Vorteil mit sich. Bei neuen, behördlichen Vorgaben, Normen oder städteplanerischen Veränderungen können Betreiber und Gemeinde umgehend reagieren und die Dimmprofile entsprechend anpassen. Somit ist eine normgerechte Beleuchtung jederzeit sichergestellt.
Plug-and-Play Inbetriebnahme und automatische Störungsmeldungen
Im Zuge der Software-Schulung durch ELEKTRON wurden die Betreiber vom EWD über die vielfältigen Möglichkeiten sowie den Umgang mit der Lichtmanagement-Software informiert. "Die Software ist sehr intuitiv gestaltet. Ein grosser Vorteil, da sie von Bedienern mit verschiedenen Backgrounds bedient wird.", erklärt Widmer. An der Schulung erfolgte auch die Kommissionierung der neu installierten Leuchten. Von diesem Zeitpunkt an übermitteln die Leuchten täglich die gesammelten Betriebsdaten wie Beleuchtungsdauer, Energieverbrauch sowie Statusmeldungen an die Software.
System Ready-Leuchten lassen sich durch die integrierten Schnittstellen problemlos mit dem Lichtmanagementsystem verbinden. Sie werden mit einem OLC (Outdoor Lighting Controller) aufgerüstet und dank eingebautem Kommunikationsmodul umgehend gekoppelt. Durch den integrierten GPS-Empfänger übermitteln die einzelnen Leuchten automatisch ihre GEO-Koordinaten. Der Lichtpunkt erscheint in der Software somit an der korrekten Position auf der Karte und alle technischen Parameter der Leuchten können abgerufen werden. Dank der automatisierten Inbetriebnahme sind weder Systemkenntnisse noch Installationsmassnahmen wie Schaltschrankumrüstungen oder zusätzliche Verkabelungen erforderlich.
Im Falle eines Defekts einer Leuchte oder eines Ausfalls der Spannungsversorgung wird automatisch eine Meldung in InteractCity generiert. Bis anhin wurden Defekte oder Ausfälle jeweils von Anwohnern oder EWD-Mitarbeitenden gemeldet. Heute erhält das das EWD sowie die Gemeinde Davos bei einer Störung automatisch eine Meldung von der Software und die Leuchten können umgehend gewartet werden. Dadurch kann die Reaktionszeit verkürzt und die Sicherheit auf den Strassen erhöht werden. Die Gemeinde Davos ist in Bezug auf Sicherheit aufgrund der vielen Grossanlässe besonders sensibilisiert und hat mit InteractCity eine Möglichkeit zur Sicherstellung einer zuverlässigen Beleuchtung gefunden.
Einfache Ermittlung und Verrechnung von Energiekosten
Das Lichtmanagement-System bietet der Gemeinde Davos und dem EWD ein hohes Mass an Datentransparenz. Die Übermittlung der präzisen Energiemessdaten erleichtert die Abrechnung der Energiekosten für das EWD. „Zukünftig werden wir die Energiekosten der öffentlichen Beleuchtung gestützt auf den Daten der Software abrechnen.“, so Widmer. Bis anhin legte das EWD die Kosten mittels separaten Zählern rechnerisch für die Gemeinde fest. Mit InteractCity wird dieser Prozess stark vereinfacht und die Energieverbräuche können schnell und präzise pro Leuchte ermittelt und an die Gemeinde weiterverrechnet werden.
Umstellung auf digitales Betriebsmittelmanagement
In einem ersten Schritt wurden in Davos alle neuen, vernetzten Leuchten in InteractCity abgebildet. Die Basisfunktionalität der Software umfasst die Fernsteuerung der einzelnen Lichtpunkte, Autolokalisierung über GPS, individuelle Dimmkalender, automatische Störmeldungen sowie die Übermittlung des Energieverbrauchs und weiteren Betriebsdaten. Die Gemeinde Davos und das EWD haben das Potenzial des Lichtmanagement-Systems schnell erkannt. Nach erfolgreicher Einführung der Software entschieden sie sich, InteractCity zur Abbildung und Verwaltung ihrer gesamten Beleuchtungsinfrastruktur zu nutzen.
Mit dem Einsatz des Betriebsmittelmanagement-Moduls kann Davos nun die gesamte, öffentliche Beleuchtung in einem System visualisieren und verwalten. Die Lichtpunktinformationen der bestehenden Infrastruktur können unkompliziert aus einem GIS oder einer anderen Datenbank importiert werden. Falls die GEO-Koordinaten der Lichtpunkte nicht vollständig vorhanden sind, kann bei Bedarf die mobile Lichtmessung LimeCam zur Datenerhebung eingesetzt und die Information anschliessend in InteractCity importiert werden.
Die übersichtliche Darstellung aller Lichtpunkte vereinfacht den Unterhalt der Beleuchtungsinfrastruktur. Neben den aktiven Störungsmeldungen vernetzter Leuchten, können nun auch Defekte der passiven Leuchten in der Software erfasst werden, wodurch sich papierbasierte Laufzettel oder Karteikarten erübrigen. Ergänzend dazu können sämtliche Tätigkeiten an der Beleuchtungsinfrastruktur, wie beispielsweise eine elektrotechnische Überprüfung oder ein Lampenwechsel, zentral dokumentiert und jederzeit abgerufen werden.
"Wir erhoffen uns hauptsächlich die Instandhaltungs- und Energieverrechnungsprozesse zu vereinfachen, da wir nun diese Aufgaben mit einer Softwarelösung ausführen können." Markus Widmer, Chefmonteur EWD
Aus der Software können direkt umfangreiche Berichte und Auswertungen generiert werden, was die Datentransparenz enorm verbessert. Wiederkehrende Störungen oder sonstige Auffälligkeiten werden dadurch identifiziert und die entsprechenden Massnahmen können eingeleitet werden.
Wie Ernst Bosshard (Vertriebsleiter Licht, ELEKTRON) verdeutlicht, ist das digitale Betriebsmittelmanagement ein „absoluter Mehrwert für Davos“. Auch Markus Widmer ist vom Zusatznutzen überzeugt: "Ich sehe ein wirtschaftliches Sparpotenzial in diesem Managementsystem, da die Unterhalts- und Betriebskosten sinken werden." Mit Hilfe der CityTouch Software kann das EWD die Strassenbeleuchtung nicht nur effizient warten, sondern die detaillierten Informationen gleichzeitig als Planungsgrundlage für zukünftige Sanierungen nutzen.
Effiziente, zukunftssichere Beleuchtungsinfrastruktur
Die Gemeinde Davos ist als Energiestadt auf die Reduktion der Lichtverschmutzung sowie Senkung des Energieverbrauchs durch norm- und bedarfsgerechte Beleuchtung sensibilisiert. Mit der Aufrüstung der Strassenbeleuchtung durch vernetzte LED-Leuchten sowie das Lichtmanagementsystem kommt Davos ihren Effizienzzielen einen Schritt näher.
„Das Potenzial der neuen Beleuchtung schätze ich als gross, da diese Systeme eine grosse Modularität und dadurch Flexibilität bieten“, erläutert Markus Widmer. Im dynamischen Umfeld der neuen Möglichkeiten durch die Digitalisierung und der sich schnell verändernden Anforderungen von Gemeinden und Politik steht diese Flexibilität für Sicherheit. So kann die Beleuchtungsinfrastruktur jederzeit um weitere Lichtpunkte oder bei Bedarf um passende Smart City-Applikationen erweitert werden.
Erschienen in: ET Licht 03/2018
Autor
Frank Koster
Produktmanager Licht Elektron AG