Digitale Betriebsführung
Delémont erstrahlt in neuen Licht (Quelle: SID)
Fachartikel Bulletin, Daniel Otter (ELEKTRON AG)
Öffentliche Beleuchtung in Delémont. Die digitale Vernetzung der öffentlichen Beleuchtung schreitet schnell voran. Moderne Lichtmanagementsysteme bieten die Möglichkeit, neben bedarfsgerechter Lichststeuerung auch die Betriebsführung effizienter und transparenter zu gestalten.
Die Digitalisierung nimmt bei der Sanierung von Beleuchtungsinfrastrukturen eine zentrale Rolle ein. Im Zuge der Umrüstung auf die langlebige LED-Technologie befassen sich Entscheidungsträger mit der Vernetzung von Leuchten und innovativen Lichtmanagementsystemen, mit dem Ziel, Technologie zur effizienten Steuerung und Verwaltung der Strassenbeleuchtung einzusetzen. Die Energiestadt Delémont setzte sich bei der Planung der Sanierung ihrer Beleuchtungsinfrastruktur mit den neuen Möglichkeiten auseinander. Im Projekt «Voie Lactée» wird mehr als die Hälfte der Strassenbeleuchtung erneuert. Bis 2019 werden 1600 vernetzte LED-Leuchten etappenweise installiert. Angesichts des umfangreichen Projekts nutzte Delémont die Gelegenheit, die Beleuchtungsinfrastruktur zusätzlich mit einem passenden Lichtmanagementsystem zu ergänzen, wie Julien Lucchina, Leiter Stromnetz SID, berichtet. Dabei setzt Delémont mit der Software CityTouch auf die neuste Generation: Telemanagement und Betriebsmittelmanagement werden auf einer zentralen Plattform zusammengeführt. So können Synergien genutzt und die Verwaltung vereinfacht werden.
Integration der Bestandesdaten und Visualisierung
Die Implementierung eines Lichtmanagementsystems setzt die Zusammenführung aller Bestandsdaten in der Software voraus. Einzelne Lichtpunktinformationen können durch die offenen Schnittstellen der Software aus unterschiedlichen Quellen wie einem bestehenden GIS-System, einer SQL-Datenbank oder einem Excel-Dokument importiert werden. In der Regel sind Grundinformationen wie die Geo-Koordinaten, Kandelabernummer, Lichtpunkthöhe und Leuchtentyp bereits in einer Datenbank digital vorhanden. Zusätzliche Daten wie Einspeisepunkt (Verteilkabine), Absicherung (Sicherungselement), Leuchten-Controller sowie Detailinformationen zu Mast- und Leuchtentyp werden von Betreibern oft in einer separaten Excel-Liste gepflegt. Die Ausgangslage in Delémont war dank der umfassenden Datenbasis optimal. Bei der Umstellung auf CityTouch konnten die bereits vorhandenen, umfangreichen Lichtpunkt- informationen auf einfache Weise integriert werden.
Hauptstrasse, Delémont
Erhöhung der Datenqualität
In Gemeinden und Städten ohne umfangreiche Datenbank stehen zur Vervollständigung der Bestandsdaten verschiedene Optionen zur Verfügung. Die Lichtpunktinformationen können manuell mittels mobilem Erfassungstool detailliert erfasst oder ergänzt werden. Die vorgefertigte Katalogfunktion der Anwendung mit kundenspezifischer Dropdown-Auswahl vereinfacht diesen Prozess.
Alternativ kann eine mobile Lichtmessung mit einem Erfassungssystem wie LimeCam durchgeführt werden. Diese neue Lichtmesstechnik eignet sich insbesondere für die initiale Bestandesaufnahme. Die Messung erfolgt im laufenden Verkehr, wobei die Messelektronik direkt auf einem gewöhnlichen PW montiert wird. Im Vergleich zu kon- ventionellen, aufwendigen Methoden ermöglicht die mobile Lichtmessung eine grossflächige, effiziente Datenerhebung von bis zu 200 Lichtpunkten pro Stunde. Die wichtigsten lichttechnischen Merkmale wie Beleuchtungsstärkeverteilung, GPS-Koordinaten und Lichtpunkthöhe sämtlicher Leuchten werden in einer Durchfahrt effizient erfasst.
Transparentere Daten
Die importierten Daten werden in der kartenbasierten Software visualisiert. Durch die erfassten Geo-Koordinaten erscheinen die Leuchten automatisch an der korrekten Position. Die einzelnen Lichtpunktinformationen dienen dabei als Attribute für die Visualisierung, denn sie ermöglichen nützliche Darstellungen – zum Beispiel nach Leuchtentyp, Einspeisepunkt oder hinterlegtem Dimmprofil.
Die Anzahl der hinterlegten Attribute ist projektspezifisch und kann individuell vom Betreiber festgelegt werden. Die Attribute-Struktur kann bei Bedarf flexibel neuen Anforderungen angepasst werden. Die Auswertung des Attributtes «Telemanagement» ermöglicht eine übersichtliche Darstellung der Sanierungfortschritte ohne administrativen Aufwand (Bild 2). So erhöht die Visualisierung nach bestimmten Kriterien die Datentransparenz.
Visualisierung Sanierung der Beleuchtungsinfrastruktur in Delémont
Vernetzung bietet erweiterte Funktionalität
Neben der bestehenden Infrastruktur werden in Delémont auch die neuen, vernetzten Leuchten im Lichtmanagementsystem verwaltet. Die Kompatibilität der Software mit Leuchten ohne Telemanagement (sogenannte passive Leuchten) und vernetzten Leuchten war deshalb bei der Wahl Voraussetzung.
Im Vergleich zum Datenimport bei passiven Bestandsleuchten koppeln sich vernetzte Leuchten umgehend nach Inbetriebnahme mit der Software. Nach der Plug-and-Play-Installation übermitteln die Leuchten automatisch sämtliche Leuchteninformationen und täglich weitere Betriebsdaten wie Energieverbrauch zur Erfassung der Energiekosten, die Betriebsstunden für eine effiziente Wartungsplanung und Störungsmeldungen. Diese erweiterten Funktionalitäten eröffnen neue Möglichkeiten im Betriebsmittelmanagement: Lucchina sieht hierin grosses Potenzial zur Effizienzsteigerung der Betriebsführung und plant, die internen Abläufe dahingehend anzupassen.
Wie Delémont befinden sich viele Gemeinden und Städte mitten in der Sanierung der Strassenbeleuchtung und betreiben passive und vernetzte Leuchten. Um die umfangreichen Funktionalitäten vernetzter Leuchten für die gesamte Beleuchtungsinfrastruktur nutzen zu können, ohne alle Leuchten zu ersetzen, bietet die Software zwei Möglichkeiten (Bild 3). Zum einen können externe Lichtcontroller mit der DALI-Schnittstelle der Leuchte verbunden und bestehende LED-Leuchten damit integriert werden. Zum anderen können bestehende Rundsteuerempfänger mit der CityTouch-Schaltschrank-Steuerung ersetzt und danach ganze Leuchtenstränge geschaltet werden. In Delémont wurden diese Optionen zunächst nicht genutzt, da sich die Stadt für eine umfassende Sanierung entschieden hat.
CityTouch Beriebsmittelmanagement
Mehrwert im Betriebsalltag
Im Alltag beschäftigen sich die Betreiber öffentlicher Beleuchtungen wie die SID in Delémont insbesondere mit der Instandhaltung, Störungsbehebungen und periodischen Kontrollen. Die konzentrierte, vollständige Darstellung aller Lichtpunktinformationen vereinfacht den Betriebsalltag, wie Lucchina erzählt. Im digitalen Betriebsmanagementsystem wird die Planung und Dokumentation von allen anfallenden Arbeiten in einer zentralen Software aufgeführt. Die Betreiber können einzelne Aufgaben oder ganze Arbeitsabläufe erfassen und zeitlich planen.
Wie Julien Lucchina erläutert, eignet sich die Software auch hervorragend, um Meldungen von Gerätefehlverhalten passiver Leuchten zu bearbeiten. Gerade bei sicherheitsrelevanten Themen wie der Abwicklung von Störungsmeldungen kann eine digitale Dokumentation für mehr Transparenz und eine kürzere Reaktionszeit sorgen.
Störungsmeldung CityTouch
Die Erfassung des Ausfalls einer passiven Leuchte erfolgt direkt in CityTouch beim entsprechenden Lichtpunkt. Die SID kann im System die auszuführende Massnahme oder den Reparaturauftrag erfassen und einem Monteur oder Installateur zuweisen. Der Monteur arbeitet unterwegs mit der intuitiven Mobile-App, die einen Überblick über alle zugeteilten Aufgaben bietet. Nach erfolgreicher Erledigung wird direkt über die App rapportiert, was Lucchina als Leiter Stromnetz besonders schätzt. Handschriftliche Laufzettel und Berichte erübrigen sich. Gleichzeitig steigt durch den kontinuierlichen Informationsaustausch auf einer gemeinsamen Plattform die Datenqualität und -transparenz. Der Betreiber kann den Status der zu erledigenden Aufgaben jederzeit einsehen und hat eine komplette Historie aller Arbeitsabläufe. Redundante Datenströme können vermieden und die Effizienz gesteigert werden.
Wie sich im Projekt Delémont gezeigt hat, konnte durch die Digitalisierung der Betriebsführung die Verwaltung einzelner Aufgabenbereiche vereinfacht werden. Auch periodische Kontrollen können bereits im Voraus geplant und die entsprechenden Personalressourcen zugeteilt werden. Als Kontrollinstrument sowie als Übersicht für potenzielle Sanierungsmassnahmen dienen die vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten in Form von Berichten und Rapporten. Aufwendige Inventarauflistungen entfallen. So können beispielsweise die Leuchten nach Nutzungsdauer aufgelistet oder abgebildet werden, um anstehende Sanierungen frühzeitig zu planen und zu budgetieren.
Fazit
Der Einsatz einer zentralen Software für die Steuerung, Verwaltung und Instandhaltung der gesamten Beleuchtungsinfrastruktur vereinfacht die Prozesse und bietet einen aussagekräftigen Überblick über den Zustand der Strassenbeleuchtung. Julien Lucchina, Leiter Stromnetz SID (Services indust- riels de Delémont), erkannte dieses Potenzial und sieht in der Integration der öffentlichen Beleuchtungsinfrastruktur ins «Internet der Dinge» eine grosse Chance. Die flexible Software-Lösung bietet in diesem dynamischen Umfeld mit kontinuierlich steigenden Anforderungen die notwendige tech- nologische Flexibilität.
In Delémont werden die umfangreichen Funktionalitäten von CityTouch noch nicht vollständig ausgeschöpft, berichtet Lucchina. Trotzdem profitiert die Energiestadt bereits heute von optimierten, vereinfachten Prozessabläufen und den qualitativ hochwertigen Informationen und Auswertungen, die das System liefert. Durch die konsolidierte Darstellung aller relevanten Betriebsdaten können Synergien genutzt und Redundanzen vermieden werden. Die lückenlose Historie aller Tätigkeiten und Änderungen führt dabei nachhaltig zu einer Erhöhung der Datentransparenz.
Publiziert in:
Bulletin 11-2018
Autor
Daniel Otter, Leiter Produktmanagement Licht
ELEKTRON AG, 8804 Au (ZH)