«Wir wollten der Konkurrenz immer einen Schritt voraus sein»
Das Wädenswiler Technologie-Unternehmen ELEKTRON feiert 2021 sein 70-jähriges Bestehen. Genauso lange dabei ist Hans-Peter Geier. Als Schüler hat er hier sein Sackgeld verdient, später stieg er auf bis zum Direktor und Verwaltungsratspräsidenten. Wir blicken mit ihm zusammen zurück und erfahren, wie die ELEKTRON auch grosse Krisen überstanden hat und weshalb die soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden zu ihren grossen Erfolgsgeheimnissen zählt.
Hans-Peter Geier, die ELEKTRON feiert ihren 70. Geburtstag. Was ist das für ein Gefühl für Sie?
Ein schönes Gefühl. Wir haben es geschafft, in sieben Jahrzehnten alle gefährlichen Klippen erfolgreich zu umschiffen. Darauf bin ich stolz. Denn einfach war es nicht immer.
Sie selber sind seit 65 Jahren dabei, haben das Unternehmen massgeblich mitgeprägt.
Eigentlich war ich von Anfang an dabei. Meinen ersten Arbeitstag hatte ich kurz nach der Gründung 1951 – damals noch als Gymnasiast. An den schulfreien Nachmittagen verdiente ich mein Sackgeld als Bürohilfskraft bei der ELEKTRON. Dies dank meines Vaters Willy Geier. Er hat das Unternehmen zusammen mit Walter Engel und Heinz Eberhard gegründet, war Mitglied des Verwaltungsrats und der dreiköpfigen Geschäftsleitung.
Wie sah damals das Hauptgeschäft der ELEKTRON aus?
Wir vertrieben Haushaltsmaschinen wie Staubsauger und Waschmaschinen. Nicht etwa von schönen Büros, sondern von einer umfunktionierten Wohnung in Zürich Enge aus. Den heutigen Firmensitz in der Au baute und bezog die ELEKTRON erst 20 Jahre später, Anfang der 70er-Jahre.
Sie selber wollten nach der Schule eigentlich studieren. Dazu kam es aber nie.
Das stimmt. Der damalige CEO Walter Engel überredete mich, lieber «etwas Rechtes» zu lernen. Schliesslich begann ich eine KV-Lehre bei der ELEKTRON. Das war der Anfang meiner Karriere.
Einer steilen Karriere. Sie waren insgesamt 35 Jahre lang Direktor der ELEKTRON, 30 Jahre lang Verwaltungsratspräsident. In diesen Jahren mussten Sie das Unternehmen auch durch schwierige Phasen steuern.
Das war ich nicht alleine! Es ist mir wichtig, dies zu betonen. Die Teamarbeit war immer die Basis unseres Erfolgs. Ich hatte gute Leute an meiner Seite. Ohne sie wäre die ELEKTRON heute nicht das, was sie ist.
Was hat Sie 70 Jahre lang bei der ELEKTRON gehalten?
Es war immer enorm spannend. Ich konnte den Aufbau der Firma mitgestalten, das Wachstum von 0 auf 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auf dem Höhepunkt waren es sogar 140.
Welches waren die erfolgreichsten Zeiten der ELEKTRON?
In den 80er-Jahren florierte das Geschäft. Mit dem erwirtschafteten Gewinn konnten wir uns als Unternehmen weiterentwickeln und unsere finanzielle Unabhängigkeit bewahren. Das war für uns immer zentral. Wir wollten nie angewiesen sein auf Fremdkapital von Banken oder anderen Firmen. Das sind wir bis heute nicht. Nicht jedes Unternehmen kann das von sich behaupten.
Trotzdem gab es auch schwierige Jahre.
Sogar sehr schwierige. Auf die «Golden 80ies» folgte die grosse Krise. Unser Umsatz schrumpfte um 50 Prozent, mehrere Jahre mussten wir ums Überleben kämpfen. Wenn wir damals keine finanziellen Reserven gehabt hätten, gäbe es uns heute nicht mehr. Es war eine harte und auch emotional anspruchsvolle Zeit. Wir mussten uns von vielen guten Mitarbeitenden trennen.
Wie kam es zu dieser Krise?
Bis dahin waren wir die Schweizer Generalvertretung der AEG, einem der weltweit grössten Elektrokonzerne. Dieser musste jedoch in den 80er-Jahren Insolvenz anmelden und wurde Mitte 90er-Jahre aufgelöst. Damit brach ein grosser Teil unseres Umsatzes weg. Wieder richtig Fuss gefasst haben wir, als wir den schweizweiten Vertrieb der Aussenleuchten-Produkte des Philips-Konzerns übernehmen konnten.
Diese Aufgabe ist der ELEKTRON bis heute geblieben.
Das freut uns sehr. Inzwischen hat sich aber auch die ELEKTRON selber entwickelt – vom reinen Handels- zum innovativen Technologie-Unternehmen. Wir vertreiben nicht mehr nur, sondern setzen heute auch neue Massstäbe bei der Entwicklung von intelligenten Lösungen.
Das heisst?
Durch den Einsatz modernster Technik steigern wir die Energieeffizienz und schonen die Ressourcen – in allen unseren Geschäftsbereichen Antriebe, Elektronik, Zahlungssysteme, Smart City und Licht. Der aktuelle CEO Enrico Baumann engagiert sich hier stark. Er und sein Führungsteam machen einen hervorragenden Job Tätig sind wir vor allem im Energie- und Infrastrukturmarkt. Unser Steckenpferd ist die öffentliche Beleuchtung. ’Nicht stehen bleiben’ war schon immer unser Motto.
Gibt es noch ein weiteres Erfolgsgeheimnis?
Wir sind schon immer sehr sorgfältig mit unseren Mitarbeitenden umgegangen.
Was bedeutet das konkret?
Schon in den 70er-Jahren haben wir verschiedene soziale Einrichtungen für unsere Mitarbeitenden gegründet. Zum Beispiel die Fürsorgestiftung, unsere eigene Pensionskasse mit beachtlichen Leistungen für die Mitarbeitenden. Sie bestand schon lange bevor mit dem BVG die 2. Säule obligatorisch wurde. Ausserdem haben wir schon früh ein Personalrestaurant eingerichtet und dafür gesorgt, dass unsere Angestellten persönliches Vermögen bilden konnten – unter anderem mit Gewinn-Beteiligungs-Prämien und persönlichen Sparkonten mit Vorzugszinsen.
Weshalb waren Ihnen ein ausgeprägtes soziales Credo immer wichtig?
Das Team der ELEKTRON war immer wie eine Art Familie. Und wir wollten kein Mitglied, welches zum Erfolg beigetragen hat, in schlechten Zeiten sitzen lassen. Gleichzeitig waren wir uns bewusst, dass nur eine erfolgreiche Firma auch eine soziale Firma sein kann. Deshalb lohnte es sich auch, die Mitarbeitenden durch die verschiedenen Anreizsysteme zu motivieren.
Die soziale Verantwortung wird bei der ELEKTRON noch heute grossgeschrieben.
Das hängt auch mit den speziellen Besitzverhältnissen zusammen. Eigentümer ist der patronale Wohlfahrtsfonds, den ich bis heute präsidiere. Wir legen grossen Wert auf soziale Verantwortung. Strategisch wichtige Entscheidungen werden nicht nur kurzfristig ökonomisch getroffen, sondern auch auf die Einhaltung dieser nachhaltigen Werte überprüft. Stiftungsrat und Verwaltungsrat sind dafür verantwortlich, dass diese Kultur im Sinne der ELEKTRON-Gründer gelebt und weitergeführt wird.
Die ELEKTRON ist heute hervorragend aufgestellt, ist zum Beispiel Marktführerin im Bereich öffentliche Beleuchtung.
Das ist richtig. Unser Ziel ist es, unsere Stellung im Beleuchtungs-Markt zu erhalten und auszubauen, gleichzeitig aber die anderen Geschäftsbereiche auf die gleiche Ebene zu bringen. Die ELEKTRON wollte in ihrer 70-jährigen Geschichte der Konkurrenz immer einen Schritt voraus sein. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern.
Über Hans-Peter Geier
Hans-Peter Geier (82) ist der Sohn des ELEKTRON-Mitgründers Willy Geier. Kurz nach der Gründung des Unternehmens machte er seine KV-Lehre bei der ELEKTRON. Nach einer Führungs-Ausbildung und anderen Weiterbildungen war er im Bereich Business Development aktiv, danach als Prokurist, Vize-Direktor und schliesslich Direktor und GL-Mitglied der ELEKTRON. Später folgten die Wahl zum Verwaltungsrats-Präsidenten und zum Präsidenten des Stiftungsrates des Wohlfahrtsfonds. Dieses Amt hat er bis heute inne. Hans-Peter Geier lebt mit seiner Frau in Schindellegi.